Jahr 2007Japanische Gedichte

Japanische Gedichte – Tankas – Entstehungsphase 04 Quartal 2007











Ein Kuchen schwebt im Dunkeln

Die Hochzeitskerzen
als einzige Lichtquelle
im vollen Festraum

Als würde diese Torte
leichtfüßig vom Tisch fliegen









Ein schlecht gelaunter Prüfer

Seine Stimmung wird
die Note beeinflussen,
den Job festlegen

Aus einer Laune heraus
den Prüfer-Gott markieren









Das Wegschleifen der Leiche

Im Dämmerzustand
des wirren Mördergeistes
packt er den Körper

Rattenhafte Wut beseelt
den Kopf des Wahnsinnigen









Ein so eifriger Botaniker

Die Pflanzen liebt er
Ehrfurchtsvolle Verehrung
vor der grünen Art

Absorbiert von Gewächsen
kennt sein Geist nichts anderes









Alternative zur Diplomatie

Der Krieg wurde stets
als ein Mittel gesehen,
Dinge zu klären

Der Sieger schreibt Geschichte,
der Verlierer zahlt immens









Der fünfte Hochzeitstag

Das aufgesetzte
Lachen verhallt recht schnell in
den Weiten des Tags

Ein Konflikt droht zu sprengen,
was mühsam zusammenwuchs









Eine Fahrt auf dem Sunset Boulevard

Hügel hinunter
Die Sonne legt sich schlafen
Nun erwacht die Stadt

Die Straße, die jeder kennt,
führt manche in den Abgrund









Löwenherz plündert sich seinen Weg zurück

Vom Kreuzzug kommend
Erbost über Intrige
Englands Küste lockt

Burgen der Christen brennen
Welchen Zweck erfüllt der Zug?









Die Selbstzerstörung einer geheimen Kontrollstation

Weltall-Explosion
Feuerball in Vakuum
Licht frisst den Schall auf

Für einen Moment wurde
die Schwärze des Alls erhellt









Ein Weinliebhaber im Paradies

In diesem Keller
schlummern die schönsten Fässer
mit dem besten Wein

So wie im Garten Eden
fühlt er sich aufgehoben









Eine fingierte Polizeikontrolle

Man täuscht mit dem Amt
eine Autorität vor,
die nicht existiert

Es reicht schon die Uniform
für die Befehlsgewalten









Der Schwur der ewigen Freundschaft

Beste Freundinnen
durch dick und dünn fürs Leben,
allezeit ein Team

Sie hatten es geschworen,
als sie’s nicht besser wussten…









„Ich soll keine Lügen erzählen“

Man glaubt ihm nicht mehr
Lügner ohne Wiederkehr
Glaubwürdigkeit weg

Er will zur Wahrheit zurück,
findet den Pfad nicht wieder









Der Rausschmiss des vermeintlichen Stars

Manche Menschen sind
mit Selbstverständlichkeit stets
auf dem Feld gesetzt

Nur selten wird durchbrochen
dies Schauspiel der Machtstellung









Erschreckende Klassenfotos

Kindergesichter
lachen gemeinsam fröhlich
in die Kamera

So jung und unbeschwert wird
keiner mehr von ihnen sein









Diamantkette im Schnee

Klar wie ein Kristall
Geschliffen, silbern funkelnd
Umgeben von Eis

Die Kälte verleiht Schönheit,
bringt die Pracht im Stein hervor









Ankunft in Boston

Endlich Ostküste!
Nach unendlichen Weiten
übers platte Land

Das Wasser trifft auf Erde
Wechsel der Elemente









Nicht jeder hat die Gabe des Sehens

Einen siebten Sinn
Fähigkeit der Prophetie
Auge des Innern

Für manche Hokuspokus,
für andere Wirklichkeit









Die Edo-Zeit

Tokugawa herrscht
Ewiger Frieden sichert
die Fürsten-Kaste

Gesicherte Macht lässt Krieg
ein Gespenst aus Vorzeit sein









Auf dem Rücken hinaus

Größe im Boxring
bezahlt man mit Neuronen
und seinem Leben

Die Bahre schlängelt sich schnell
durch die Reihen der Gaffer









Per Tauchkapsel hinab in die Unterseehölle

Gewaltiger Druck
Als würde ein Bergmassiv
auf Schultern liegen

Das Wasser wiegt so viel wie
flüssiger Himalaya









Sehnsuchtsort des anderen Ufers

Wieso wirkt immer
das Ufer gegenüber
interessanter

als die eigene Seite?
Weil man seine nicht erblickt!









Der neue Schach-Star

Von Null auf Hundert
spielt er sich mit Leichtigkeit
auf den höchsten Rang

Das Schachfeld wird sein Denken,
Figuren seine Freunde









Ein vom Teufel besessener Sonderling

Der Leibhaftige
selbst hat vom komischen Kauz
Besitz ergriffen

Er redet durch seinen Mund
Blasphemien aus der Hölle









Der Indianersohn stirbt

Führer des Stammes
Häuptling sollte er werden
Leiten und helfen

Er geht vor seinem Vater
Hilfloses Mitansehen









Luftkissenbootkapitän

Überheblichkeit
So von Arroganz erfüllt
Charakterschwäche

Lässt man die Luft aus dem Boot,
fällt er gänzlich zusammen









Die Bay Clubs

Die Reihe voller
Edel-Diskotheken zeigt
den Reichtum hier an

Die sinnlose Protzerei
treibt Architektur-Blüten









Der Gouverneur pendelt von LA nach Sacramento

Zur wahren Hauptstadt
fliegt er spät abends zurück,
will nicht dortbleiben

Das State Capitol scheint nicht
gerade ein Magnet zu sein









Jans Klavierspiel in der Villa

Am Flügel sitzend
Notenheft ausgebreitet
Den Mozart probend

Er kennt den Alltag draußen
nur von den Erzählungen









Die Krone muss zurückkehren

Manche Monarchen
akzeptieren einfach nicht
ihr Herrschaftsende

Für sie muss die Krone der
Bestandteil des Staates sein









Bitter-schwere Einsamkeit

Schwer atmend im Nichts
Allein in Isolation
Die Stille als Qual

Auflösung im Vakuum
Die Abgeschiedenheit bricht









Tinkturen zum Kurieren

Heilkräuter gemischt
mit Wasser aus der Quelle
der wahren Essenz

Die Gesundheitsentfaltung
als Wunder der Heilungskraft









Die leere Eishalle

Statt vieler Kufen
spaßigen Kinderrufen
hallt nur die Leere

Die klammen Kassen der Stadt
lassen das Eis wegschmelzen









Die Botschaft auf den Badges

Die simplen Sprüche
vereinfachen die Wahrheit
zur schnöden Lüge

Der Hass wird so plakatiert
Zwietracht damit transportiert









Kreisen auf dem Charlotte Motor Speedway

Circus Maximus
erlebt seine Zeitreise
in die Moderne

Das Wagenrennen wird nun
ein Rennwagenwettstreit sein









Der Kuss im Zuckersturm

Zucker in der Luft
Der süße Schnee fliegt umher
wie sanfter Puder

Die Lippen berühren sich
Welch allerliebster Zauber









Wiedersehen in der Baracke

Nach dem Kriegsende
trafen sich beide Freunde
in Gefangenschaft

In der Holzhütte gepfercht
fließen Tränen der Freude









Das Durchtrennen der Drähte

Zaun der Unfreiheit
Maschen durchtrennt für die Flucht
Loch zum Durchschlüpfen

Gebückt in die Befreiung
Wie ein Tier kriecht man hinaus









Besuch einer Studentin

So gut verschleiert
hat sie ihre Absichten
bei diesem Treffen

Was sie wollte, war unklar,
mysteriöses Kaschieren









Ein General muss büßen

Für Offensive,
die nichts als den Tod brachte,
muss einer haften

Geradestehen für Befehl
Verantwortung der Führung









Nicht ein drittes Mal auf den Geheimdienst verlassen

Kann man dem trauen,
der sein eigenes Spiel spielt,
verdeckt im Dunkeln?

Vertrauen braucht Erfahrung,
die stark vorbelastet ist









Letzte Warnung vor Vollstreckung

Eindringliches Wort:
Die letzte Mahnung bleibt stets
im Geiste haften

Bei Vielen wirkt sie Wunder
Manche sind unerreichbar!









Ununterbrochener Beschuss

Wie soll man sich denn
wieder regenerieren
bei permanentem,

ständigem, nicht endendem
Terror des Schicksalsverlaufs?









Unterschied zwischen Traum und Wirklichkeit

Feine Differenz
herrscht zwischen Realität
und der Welt des Schlafs

Aus Traum kann man erwachen
Schicksal ist zu ertragen









Besuch in fremden Hotelzimmern

Die lange Putz-Tour
führt sie durch das ganze Haus
zu vielen Gästen

Manche belästigen sie
mit Worten und mit Blicken









Die Ehefrau vermutet das Schlimmste

Ihr Verdacht genährt
von vielen Überstunden
in seiner Firma

Vermutung nährt Misstrauen,
führt zu einer Obsession









Die Telefonzelle als Auslaufmodell

Früher überall
An jeder Straßenzeile
Die gelben Kästen

Sie waren das Tor zur Welt,
das heute jeder mitträgt









Ankerplatz: Halong Bay

Dort, wo auf dem Meer
die Berge über Wasser
leichtfüßig schweben

Sie schwimmen auf der Stelle
im türkisen Ozean









Parfümiertes Ziegenleder

Zarter Wohlgeruch
steigt so aus dem Stück empor,
hinein in Nase

Durchtränkt von edlem Odeur
wird dieser Stoff geadelt









Die Flugtauglichkeitsprüfung

Sieht das Auge scharf?
Ist der Gleichgewichtssinn gut?
Schlägt das Herz gesund?

Stimmt die Koordination?
Wie steht es um Reaktion?









Sprachlos vor so viel Unvernunft

Wie kann man diesem
ganzen Wahnsinn begegnen?
Was denn entgegnen?

Vernünftige Antwort fehlt
auf alle Verrücktheiten









Ein Schallplattenladen in London

Legenden-Geschäft
Institution der Musik
Alle kauften hier

Erst CD, dann digital
Verwaist ist die Ikone









Der Gefangene des Generals

Mal spielen sie Schach,
dann wiederum nur Karten,
meistens stumm und still

Spielend verbringt er den Krieg,
doch alles steht auf dem Spiel









Gegenwart, Vergangenheit, Zukunft

Wenn alle Stränge
plötzlich zusammenführen
gibt es keine Zeit

Alles verschwimmt im Klaren
Der Moment pulsiert allein









Drachenboot stromaufwärts

Hölzerner Drache
Schreckensgallionsfigur
Fest angenagelt

Vorne am Bug breitet er
die Flügel über Wasser









Ein zweiter Mordversuch an den Erben

Als das Geld nicht floss,
musste sehr viel Blut fließen:
Gier tötet alles!

Der Testamentsvollstrecker
bekommt neue Bedeutung









Die Enthüllung des Geheimnisses

Die Puzzleteile
lagen verstreut am Boden
Welch Durcheinander!

Zusammengesetzt ergab
sich danach das ganze Bild









Ein rundum zufriedener Hund

Ausgestreckt glücklich
liegt er in seinem Körbchen,
so ausgeglichen

Gut gepflegt und oft gehegt
schätzt er sein Tier-Paradies









Kneipenschlägerei mit Brandstiftung

Der Alkohol bringt
allerschlechteste Seite
des Menschen hervor

Die niederen Gedanken
entstehen im Rauschzustand









Die Muskelberge am Muscle Beach

Strand lockt Muskeln an
Braungebrannte Fleischhügel
Steroiden-Kult

Die Wenigsten werden alt,
berühmt, reich, angesehen









Ein guter Wetttipp

Schon früh bekommen,
den allerbesten Hinweis
für jede Wette:

Der klügste Tipp von allen,
platziere niemals dein Geld!









Knapp bei Kasse

Ewiger Hunger
Wer jede Münze umdreht,
kennt Entbehrungen

Entwürdigender Umgang
in einer Geld-Gesellschaft









Fliegender Wechsel

Der eine wartet,
der andere kommt herbei,
wechseln sich schnell ab

So rapide der Austausch
Man hat ihn kaum gesehen









Wie Brüder

Als wären sie doch
wie Geschwister geboren
aus dem gleichen Blut

Im Geiste sind sie Brüder
Seelenverwandtes Duo









Zeichen der Unbeugsamkeit

Ihr Widerstandsgeist
Immerwährend am Lodern
Unbrechbarer Eid

Kampf ist ihre Bestimmung
Standhaft in schwerer Stunde









Der geheime Einsatz in Tokyo

Weitab in Japan
Abseits auf einer Insel
Der geheime Punkt

Konspiratives Treffen,
das Wellen auslösen wird









Stille Welt unter Wasser

Dort unten erklingt
die absolute Ruhe
in aller Eintracht

Der Schall breitet sich kaum aus,
wird geschluckt vom Element









Dämonen mit echtem Blut

Es sind wahrlich nicht
die Fabelwesen aus der
Hölle gekommen

Sie sind nur aus Fleisch und Blut,
bloß rein irdische Monster









Der Kosaken-Attentäter

Er schätzt das Dunkle,
liebt tückischen Hinterhalt,
so gern verborgen

Bei Nacht und Nebel warten
Die Klinge so gut getarnt









Der Jahrestag des Königs

Großes Fest geplant
Zu Ehren ihrer Krone
Ganzes Land steht Kopf

Einmal im Jahr kehrt wieder
der starke Zusammenhalt









Weit ausschweifende Gedankengänge

Vom Kleinen startend
Den Lauf intensivierend
Ins Große kommend

Sein Gang führt ihn zwar weit weg,
doch ist ihm dies stets bewusst









Wo steckt das Glück?

Liegt es im Reichtum?
Vielleicht in weiter Ferne?
Etwa im Luxus?

Versteckt es sich in Kleidung?
Am Ende einer Kreuzfahrt?









Kater vor der Hochzeit

Starke Kopfschmerzen
bevor der Bund geschlossen,
der Kopf explodiert

Woher kommen sie wirklich?
Etwa vor den Bedenken?









Vom Höhlenleben zum Wolkenkratzer

Von einem Erdloch
hinauf in den Glaspalast
Den Himmel erreicht!

Schwindelige Entwicklung
Aufstieg der Evolution









Unbescholten und integer

Der Ehrliche soll
am Ende der Geschichte
stets der Dumme sein

Das einzig Richtige wird
immer überlegen sein









Keine Verbrechen, keine Gerichtsverfahren

In der Utopie
gibt es die Freveltat nie,
keine Hysterie

Es klingt wie aus dem Märchen,
einer seltenen Fabel









Riesentresor

So groß, geräumig,
dass man hineingehen kann,
ganz ohne Platzangst

Der Safe ist völlig voll von
der Fülle der Finanzen









Termin beim Doktor für ausgebrannte Manager

Späte Rache des
vollen Terminkalenders
trifft mit voller Wucht

wie aus dem Nichts den Macher,
der es hat kommen sehen









Die unbesiegbare Dauerhackerin

Schritt voraus im Netz
Die eine Nasenlänge
ist sie stets weiter

Die digitalen Spuren
verwischt und verschleiert sie









Zuwendungen für Witwen und Waisen

Sie sind meist sehr arm
Allein nach dem Todesfall
Doppelt getroffen

So soll das Geld leicht mildern,
was über sie hereinbrach









Nicht zu bändigender Tatendrang

Nichts kann ihn stoppen,
sein Ziel schnell zu erreichen
alle Kraft voraus

Mit großen Schritten weiter
meistert er jede Hürde









Wo Kinder das Museum lieben: Das Kidspace Children’s Museum

Warum nicht einfach
kindgerechtes Vorgehen?
Freude und Lernen

Von klein auf merkt man dann schnell,
wieviel Spaß im Wissen liegt









„Ein Pferd und ein Gewehr!“

Was braucht ein Cowboy
zum Überleben in der
kalten Wildnis bloß?

Das Gefühl der Heimat und
der Sicherheit in Händen









Es wird hässlich werden!

Selbstverwirklichung?
Nur das machen, was man will?
Völlige Freiheit?

Illusionen sind dazu
da, ganz zerstört zu werden!









Zusammen auf der Jagd

Die zwei Gefährten
Sie streifen im Wald allein
unter den Tieren

Gegenseitig verlassen
sie sich auf den anderen









Fast alles gebeichtet

Um sein Gewissen
einmal ganz zu erleichtern,
nimmt er den Beichtstuhl

Er entleert seine Seele
bis auf einen dunklen Teil









Überwältigt von der Waldbande

Der größte Kämpfer
Isoliert, leichte Beute
Überzahl gewinnt

Hinterhalt im Wald zeugt von
Feigheit der schwachen Mehrheit









Sein eigenes Essen

Er liebt sein Geld sehr,
hasst prächtige Restaurants,
meidet die Küchen

Vermögen wurde erspart
mit dem Sandwich in der Hand









Ausgeklügelte Alarmierungstechnik

Die Vogellaute
Niemals wahllose Töne
Kein Zufallszwitschern

Sie warnen vor den Feinden,
retten dadurch ihre Art









Burj Khalifa: Das höchste Hotel der Welt

Silberne Spitze
kitzelt die vielen Wolken,
sticht in den Himmel

Aus Sandböden erhoben
Architektur der Gipfel









Diese selbstlose Geste

Ganz zu entsagen
Nach hinten sich zu stellen
Kürzeren ziehen

Den Nachteil einzuhandeln
Vorteil für den anderen









Der Konzernleiter ergreift das Wort

Die schlechte Nachricht
trägt er persönlich vor, spricht
mit fester Stimme

Sie folgen allen Wörtern,
hängen an seinen Lippen









Der Spiegel einer sündhaften Gesellschaft

Dunkle Kehrseite
macht sich nächtens bemerkbar,
wenn der Anstand schläft

Man blickt in einen Abgrund,
der keinen Boden mehr kennt









Besitz macht glücklich?

Angst nichts zu haben,
verwandelt sich in die Furcht,
Geld zu verlieren

Befürchtung ändert Richtung,
aber nicht Intensität









In den Abgrund zurückgestoßen

Mühsam geklettert
Fast hat man es doch geschafft
Der Blick ins Freie

Kurz vor dem rettenden Ziel
verliert man jeglichen Halt









Ende

© 2023 Stefan Bachmann https://www.japanische-gedichte.de