Jahr 2008Japanische Gedichte

Japanische Gedichte – Tankas – Entstehungsphase 04 Quartal 2008











Eine Frau, ein Wort

Thatchers Ansprachen
waren markant und deutlich,
verfehlten Zweck nicht

Wenn sie Geld zurückwollte,
bekam sie es auch wieder









Die Santa Monica-Parkplatzwüste

Wenn nur noch Beton
die Oberfläche ausmacht,
entsteht die Ödnis

Die Autos rollen munter
Die Natur fällt hinten weg









Die Täter müssen wiederkommen!

Raubzug ist missglückt!
Um ihr Werk zu vollenden,
müssen sie zurück

Die Höhle des Löwen sieht
die härtesten Strafen vor









Der Korridor des dritten Stocks

Schlimmes geschah hier
Man flüstert nur darüber
in leisestem Ton

Schnellen Schrittes laufen sie
in ihre Räume hinein









Einfache Bauern werden zu Rittern

Die großen Ritter
nahmen alle schnell Reißaus,
flohen mit Pferden

Dem Fußvolk zu verdanken,
dass man tapfer Stellung hielt









Mordlust zum französischen Chanson

Hintergrund-Musik
Im Vordergrund geschieht Mord
Eklige Szene

Manche Filme flüchten sich
in den billigen Blutrausch









Der letzte Wille zu treuen Händen?

Das Testament ist
soviel wert wie die Hände,
die es festhalten

Ist guter Wille nicht da,
ist letzter Wille wertlos









Kein Pferd, sondern Hund

Flink springt es umher
Das kleine Pony wuselt
Die Mähne flattert

So anhänglich wie ein Hund
Der beste Freund des Menschen









Gebete am Sensō-ji

Asakusa-Schrein
Das rote Tor zur Gottheit
Hände falten sich

Geist richtet sich nach oben
Aufmerksamkeit nach innen









Der Nadelstich ins verletzte Herz

Harter Trennungsschmerz
in einer ohnehin schon
ziemlich üblen Zeit

Gebrochen ist das Herz nun
Gequält die liebe Seele









Schwarze Plastikmüllsäcke

Welch künstlicher Berg
Hoch aufgetürmt zum Haufen
Die Plastik-Alpen

Vom Gebirge erhebt sich
ein fürchterlicher Gestank









Eine Falle des Irrtums?

Wer irrt, ist verwirrt,
steht vor so manchem Rätsel
und tappt im Dunkeln

Die Sackgasse stellt sich dann
bald als Fallgrube heraus









Durchschlagende Baumarktwerkzeuge

Die Wand zertrümmert
Den Boden aufgerissen
Die Fenster heraus

Es rattert das Werkzeug laut
Das Haus wackelt bis zum Dach









Das uneheliche Kind mit Mireille

Plötzlich stand es da
Blitzartig, unvermittelt
Vor der Tür mit ihr

Das Kleinkind als Ergebnis
der ständigen Untreue









Der Schrecken der schwarzen Blattern

Brutale Pocken
Schwarze Blutungen auf Haut
Geißel auf Erden

Zerfressene Gesichter
Furchen und Erhebungen









Wärmflasche und Hustensaft

Sind die Füße warm,
der Körper gut gebettet,
die Luft frisch und klar,

die Medizin genommen,
tritt die Gesundung schnell ein









Der Stotterer im Sportwagen

Er versucht krampfhaft,
Defizit auszugleichen,
doch es gelingt nicht

Auch das teuerste Gefährt
vermag nichts aufzuwiegen









Ein Blick in die Waffenkammer

Das Mittelalter
mit Zweihänder und Äxten
zeigt seine Schärfe

Die tranchierenden Klingen
Die spitzen Rabenschnäbel









Die erste erfolgreiche Flucht aus Alcatraz

Man geht seelenruhig
mit den Besuchern hinaus,
ohne zu zögern

Gestohlene Uniform
verleiht die Glaubwürdigkeit









Abseilen am Wasserfall

Vorne das Wasser
Hinten der freie Abgrund
Seil in der Mitte

Im tosenden Lärm hinab
hört man nicht mal Gedanken









Ford Mustang gestohlen!

Man nimmt die Wellen:
Elektromagnetische
Kopie des Senders

Unsichtbares Aufschließen
Unbekannter Täterkreis









Die schwarze Hand

Omnipräsent sieht
man sie an allen Türen
in Farbe gemalt

Zugehörigkeitszeichen
der besonderen Weise









Die verschwundenen Kinder

Sie kehren nicht Heim
Ihr Lachen fehlt beim Essen
Der Platz bleibt kalt, leer

Dutzende sind in dem Jahr
für immer fortgeblieben









Folge dem Instinkt!

Wenn das Bauchgefühl
in die andere Richtung
weist, gehe dorthin!

Es gibt Dinge, die Verstand
einfach nicht begreifen kann









Das Handbuch in ein paar Sekunden durch

Statt es zu lesen,
sorgfältig zu studieren,
wirft er es schnell weg

So kommt er sorgenloser
durch den Detail-Schabernack









Dressierter Affe

Nach den Kommandos
vollführt er die Kunststücke
mit großem Elan

Hingebungsvoll wie ein Hund
Intelligent wie ein Mensch









Westliche Korruption als Hauptfach

Strenger Kommunist
Aus dem Ostblock nach Oxford
Sieht die Dekadenz

Er ignoriert dabei ganz
die östliche Korruption









Die Kunst des einheimischen Gartenbaus

Heimat-Gewächse
gedeihen am besten in
ihrer Umgebung

Nicht etwas weit herholen,
sondern hier viel anbauen









Das Schloss Le Belvedere

Imposant in Wien
Perfekte Stein-Symmetrie
Der feine Schliff stimmt

Die Kuppeln an den Seiten
lassen den Blick weit gleiten









Allein mit der Panik

Einsam im Zimmer
Die Angst steigt hoch bis zum Kopf
Der Hals zugeschnürt

Dunkelheit scheint zu würgen,
während die Stille erdrückt









Entschlossene Verfolger

Verbissen rennen
Unermüdlich hochspringen
Hartnäckig klettern

Sind sie auf deinen Fersen,
wirst du sie niemals los sein









Der Müllwagen-Irrtum

Sie holen die ganz
falsche Mülltonne ein und
entleeren sie dann

Die Mülltrennung wird sinnlos
Alles zusammengekippt









Das Nest ist ausgeraubt!

Er schmeißt die Eier
kaltherzig aus dem Bau raus
und wird Einzelkind

Kuckuck drängt das Leben weg
Geboren, um zu töten









Mumbaier Privatschule

Wo andere auf
der Straße überleben,
geht er in feiner

Schuluniform zur Penne.
Ungleich ist Geld und Bildung!









Ein alter Freund schaut vorbei

Sie schwelgen von den
phantastischen Zeiträumen
ohne Verpflichtung

Sie vergessen absichtlich,
dass es diese niemals gab









Metropolregion der Superlative

Siedlungen, Straßen,
Gehwege, Supermärkte,
Park, Krankenhäuser

Es wachsen ganze Städte
zu nur Einer zusammen









Kopflos ins Abenteuer

Wer nicht reflektiert,
nachdenkt und sorgsam abwägt,
verliert seinen Stand

Flatterhaft davonrennen
bringt nichts als Tragödie ein









Zeuge einer Weltkrise

Zu Lebzeiten die
Welt einmal brennen sehen,
ist kein Vergnügen

Alles, was man sehr schätzte
wird zu Rauch, Staub und Asche









Ein Riesenplakat muss als Fluchtmittel herhalten

Darin einwickeln
Auf Ladefläche versteckt
Transporter fährt los

Zwischen den Affichen ist
Werbung die letzte Rettung









Nicht so früh am Morgen!

Die Muskeln erstarrt
Augen fürchten das Helle
Der Kopf ist müde

Erste Minuten am Tag
sind wohl sicher die schwersten









Das Trio Infernale

Drei sind im Bunde
Gegenseitig hochstacheln
Sie schaden sich selbst

Die Gruppendynamik hat
ihre eigenen Regeln









Pferdedecke im Gras

Frühlingsduft umweht
des Pärchens schöne Ruhe
auf der Wiesenalm

Berge erwachen wieder
Das Jahr beginnt von Neuem









Der unscheinbare Nachbarsjunge

Wenn man ihn erblickt,
sieht man ihn eigentlich nicht,
einfach unscheinbar

Man schaut wie durch ihn hindurch,
als gebe es ihn gar nicht









Manche Dinge kann ein Blinder doch sehen

Man sieht nicht alles
nur allein mit den Augen,
sondern auch mit Herz

Vieles, das man spüren kann,
ist einfach nicht zu sehen









Ein Bohrer wird zum Mordinstrument

Auf der Baustelle
eskaliert ein Streit grässlich:
Wut trifft Muskelkraft

Werkzeuge gibt es genug
zum Bauen und zum Töten









Besser als das Nichts

Sich etwas sichern
Den Spatz in der Hand halten
Wenig ist meist mehr

Die Taube auf dem Dach reicht
eben bei weitem nicht aus









Das blaue Klappergefährt gibt den Geist auf

Er fuhr damit schon
in Jugendjahren umher,
genoss den Urlaub

Leid tat es ihm zu sehen,
wie er verschrottet wurde









Quid pro quo!

Eine Leistung wird
nie ohne Gegenleistung
zu erbringen sein

Wer will, der muss auch zahlen,
wer entlohnt, der soll kriegen









Der Zeichentrick lernt laufen

Wenn Micky schnell rennt,
sind viele Bilder nötig,
damit er ankommt

Was jetzt altertümlich wirkt,
war früher purer Zauber









Bewertungszentrum auf den Falklandinseln

So tief südlich im
Atlantik, dass es schon fast
der Pazifik ist

Die Fragen mit Meeressicht
sind schwer zu beantworten









Auf Gedeih und Verderb verloren

Wenn es gleich ist, was
man tut oder unterlässt,
ist alles sinnlos

So ausgeliefert zu sein,
wie ein Lamm auf der Schlachtbank









Einer bekommt Placebos

Nur mit dem Glauben
lässt sich der kranke Körper
stark beeinflussen

Mechanismus dahinter
ist nahezu ungeklärt!









Der Eingang am Abhang

Tief in die Minen,
hinein ins Herz des Berges,
die Stollen hinab

Dort wurde er gefunden
Der König aller Steine









Boxkampf an Deck

Wellen schlagen Schiff
Fäuste treffen Gesichter
Einer fällt hinab

Es konnte nicht gut enden,
das war im Vornherein klar









Ein Haftbefehl aus dem Nichts

Jahrelang verschleppt
Ermittlung eingeschlafen
Plötzlich geht es los

Es endet, wenn Politik
Teil der Strafverfolgung wird









Um Haaresbreite bestanden

Würde noch ein Punkt
in diesem Abschnitt fehlen,
fiele er ganz durch

So glücklich hat er sich noch
nie bei Prüfungen gezeigt









Der König postiert alle Wachen

Angst um die Krone
Besorgnis zu verlieren
Furcht um sein Leben

Verschanzt in den Gemächern
sieht er wahre Gefahr nicht









Rendezvous im Atlantic

Im Nobel-Hotel
durch das Fenster sieht er sie
ganz allein am Tisch

Er wartet draußen nur kurz,
dreht sich um und geht davon









Draußen im Sumpfgebiet

Wo träge Luft steht,
Mücken alles beherrschen,
das Krokodil ruht

Dort schluckt der Boden jeden,
der seine Füße aufsetzt









Unberechenbarer Überraschungsgast

Wer steht vor der Tür?
Will gern Teil des Ganzen sein?
Wer lädt sich selbst ein?

Der Wirrwarr auf zwei Beinen
Der Aufruhr in persona









Entsetzliche Schreie

Es entweichen aus
kalten Kellergewölben
schreckliche Rufe

Weiter oben treffen sie
auf taube Ohrenpaare









Körperliche Verfallserscheinungen

Das Alter zwingt selbst
den Stärksten in die Knie,
jeder zollt Tribut

Gleichgültig wie reich er war,
wie stark, schnell, kräftig, mächtig









Abruptes Unterrichtsende

Es ist nur der Gong,
der entscheidet, wann dieser
Unterricht endet

Ertönt das Signal stürmen
sie auf Kommando heraus









Verstörte Tochter im Keller

Als sie Geräusche
mit großer Panik vernahm,
flüchtete sie schnell

in den Beton-Panikraum,
ohne jegliche Fenster









Eleganz in Neobarock – Der Hauptbahnhof Tokios

Orange, braun und grau
Die Säulen als Fassade,
ganz flach und zahlreich

Was hier endet, fährt weiter,
der Schönheit fortgerissen









Persönliche Hölle

Das Furchtbarste sind
die eigenen Ur-Ängste,
die stets verfolgen

Die Hölle sieht für jeden
gänzlich andersartig aus









Eine besorgte Mutter

Sie stellt stets ihr Wohl
hintenan und klagt niemals,
die Kinder im Blick

Die Sorge um den Nachwuchs
ist permanentes Gewicht









Welch gute Erinnerungshilfe

Schon im alten Rom
wusste man Ort und Inhalt
gut zu verbinden

Die Loci-Methode war
in den Köpfen verankert









Das veraltete U-Boot wird zum Untergang

Ein Defekt führte
die Kursk in tiefen Abgrund,
Tod der Besatzung

Aus Stolz lehnte man Hilfe
hochnäsig und empört ab









Das Orgelmanual

Er blickt verblüfft auf
die fünf Klaviaturen,
die vor ihm stehen

Viele Tasten zur Auswahl
Klänge in großer Vielfalt









Sein industrielles Waffenimperium

Er baut Kanonen,
Gewehre und Pistolen
Mörser, Granaten

Wenn wieder geschossen wird,
klingelt bei ihm die Kasse









Claires Garten

Sie konnte sich nur
den Schrebergarten leisten,
mehr Geld war nicht da

Das Grün am Wochenende
gibt ihr wieder neue Kraft









„Das wird dem Chef nicht gefallen!“

Am Arbeitsplatz denkt
jeder nur daran, wie der
Chef wohl reagiert

Seine Reaktion ist der
Gradmesser und Goldstandard









Astrophysikerin als Barbekanntschaft

Bei dem kühlen Bier
redet man über Raum-Zeit,
Wurmloch und Quanten

Im Hörsaal sind die Themen
wohl besser aufgehoben









Musik zum Einschlafen

Der wohlige Klang
lässt schwere Augen schließen,
wiegt sanft in den Schlaf

Noch im Traumland vernimmt man
die harmonischen Töne









Der wirksamste Liebestrank der Welt

Nicht einmal der Pfeil
von Armor höchstpersönlich
wirkt wie dieser Trank

Das Gebräu des Geldes lässt
die Herzen höherschlagen









Die Medien manipulieren, um die Welt zu retten

Lässt sich die Lüge
für den guten, reinen Zweck
stets rechtfertigen?

Worin liegt das höchste Gut?
Die Wahrheit oder Rettung?









Eitelkeit und der Spiegel

Brandbeschleuniger
für den Narzissmus ist die
Dauer-Reflexion

Sich permanent zu sehen,
verstärkt nur den Teufelskreis









Ein Besuch ins Reich der Erinnerungen

Bilder der Kindheit
Geschichten aus der Schulzeit
Tränen des Lebens

Es gehört alles dazu,
das Gute wie das Schlechte









Jeder an der Reihe

Irgendwann wird man
vom Schicksal auserkoren,
Leid zu ertragen

Mancher mehr, manche wenig,
doch alle kommen mal dran









Auf der Suche nach einer guten Story?

Die Journalisten
ziehen alle Register
für Information

Wissen ist ihre Währung
Gewissen zahlt sich nicht aus









Schleichen auf der Hängebrücke

Es schaukelt seitlich
Die Schlucht so tief und finster
Brücke nur aus Seil

Sorgsam platziert die Schritte
Es könnten die letzten sein…









Schüsse in den Schneebergen

Die Blei-Lawine
geht in den Bergen nieder,
prallt vom Gipfel ab

Gehört hat den Schuss jeder
Der Schall trägt ihn sehr weit fort









Kein Gentleman mehr

Einst zuvorkommend
Heute ein lauter Rüpel
Die schlimme Wandlung

Manch einer entpuppt sich spät,
dafür umso deutlicher









Der weggespülte Pazifiksand

Tonnen von Wasser
brechen als Flut herein und
vernichten das Land

Sie nehmen mit die Erde,
rauben für den Ozean









Flucht aus Island

Enge der Insel
für allezeit entkommen,
den Rücken kehren

Karge Berge verlassen
Kein Bad mehr in den Quellen









Vom Schlaf übermannt

Die Müdigkeit kommt
in unregelmäßigen
Wellen schwer daher

Dann greift sie nach dem Körper,
lullt ein den trägen Verstand









Der Propagandazweck

Ein dunkler Sinn steht
stets hinter jeder Lüge,
damit man sie glaubt

Ihrer Natur entsprechend
ist sie widerlich und falsch









Ein durchgeknallter russischer Programmierer

Aus dem Ostblock da
kommen einfach die besten
Informatiker

Sie durchdenken ihre Codes
erstmal nur auf dem Papier









Er bleibt nicht bei den Guten

Von Idealen
einst geleitet, ist er nun
ein anderer Mensch

Alte Werte vergessend
wendet er sich neuen zu









Ein Attentäter, der von nichts wusste

Blind sein Ziel verfolgt
Das Opfer ausgeschaltet
Den Job erledigt

Tragweite seiner Tat ist
unabsehbar gigantisch









Ein Mörder, zwei Opfer

Schon seit jeher in
der Kriminalgeschichte
jagt man wenige

Täter, sucht viele Opfer:
Blutiges Missverhältnis!









Ein ambitiöses Vorhaben

Der Vorschuss immens
Die Garantie gibt es nicht
Die Aussicht unklar

Allein mit seiner Vision
So einsam macht der Ehrgeiz









Gebildete Gelehrtengesellschaft

Erklommen haben
sie den Gipfel der Weisheit
vor langer Zeit mal

Heute ruhen sie sich aus,
klopfen sich auf die Schulter









Ein Jahrhundert Film-Träume

Von der Westküste
stammt cineastischer Glanz
ungetrübt herrlich

Aus den Innovationen
entspringen Märchenwelten









Eine Tasse Tee für den Vertreter

Das Konsumopfer
lässt ihn in das Haus hinein
und bietet Trunk an

Den Werbeversprechungen
schenkt man teuer Vertrauen









Ende

© 2023 Stefan Bachmann https://www.japanische-gedichte.de