Japanische Gedichte – Tankas – Entstehungsphase 02 Quartal 2009
Spieleinsätze von einer Million
Großes Vermögen
sollte doch keinesfalls aufs
Spiel gesetzt werden
Geld sollte besser dienen
und nicht leichtfertig spielen
Die Rache der Arikaree
Zwischen den Flüssen
In die Enge getrieben
Krankheit rafft dahin
In die Sackgasse gedrängt
Zur großen Gefahr gemacht
Ein Hinweis hinter dem Kühlschrank
Schwer weg zu schieben
Dahinter hängt das Portrait
des Vorbesitzers
Erster Blick genügt völlig,
um alles zu verstehen…
Aufräumen im Abwasserkanal
Finsternis riecht stark
Den Brechreiz unterdrückend
Verstopfung lösen
Klaustrophobischer Anfall
Umringt von Fäkalien
Zyanid in Westminster
Ein Anschlag durch Gift
im Parlamentsgebäude
verblieb nur als Plan
Teuflisches Gedankenspiel
Luftschloss kann auch brutal sein
Ein Gefängnisausbruch außer Kontrolle
Hat ein Staat nicht mal
die Gefängnisse im Griff,
büßt er Hoheit ein
Recht, das sich nicht behauptet,
ist so viel wert wie Papier
Ein durchgebrochener BMW
So viel gefahren,
in Urlaub und zur Arbeit,
Strecken der Länge
Vor Last bricht Auto entzwei
Großer Krach auf der Straße
Des Kindes Wunsch
Er ändert sich schnell,
wechselt oftmals die Richtung,
auch ins Gegenteil
Was heute gilt, ist morgen
sicherlich wieder anders
Geschichten eines Essigsieders
Er wüsste viel zu
erzählen von früher und
der ganz alten Zunft
Doch schweigend sitzt er am Tisch
Blick aufs Feuer gerichtet
Unheilvolle schwarze Schatten
Sie huschen unlängst
düster überall umher,
verbreiten Panik
Die Vorahnung der Zukunft
fühlt sich miserabel an
Wilde Schäferhunde weisen den Weg
Ihr lautes Gebell
mit dem schnellen Kopfnicken
weist auf rechten Pfad
Sie können zwar nicht reden,
doch sich verständlich machen
Wer bringt die Kinder zum Sprechen?
Einfühlsam ruhig
versucht sie mit ihnen ins
Gespräch zu kommen
Worte sind Mangelware
Ihr Schmerz sitzt einfach zu tief
Professor hoch drei
Schrullig und genial
Äußerlich ganz verschroben
Sehr absonderlich
Die Hülle ist abstoßend
Der Kern dennoch anziehend
Nur ein einfacher Fahrer
Vorne am Steuer
fährt er die hochrangigen
Persönlichkeiten
Auf dem Rücksitz kommen sich
alle so bedeutsam vor
So tödlich abgelegen
Die Nebenstraße
führt über Feld und Wiese
hinab an den Fluss
Dort wünschen Fuchs und Hase
sich geruhsame Nächte
Eine beachtliche Murmelbahnsammlung
Der Weg der Murmel
scheint vorgezeichnet zu sein,
alles festgelegt
Die Bahnen lassen keinen
Spielraum für Freiheiten zu
Ein Draufgänger ohne Regeln
Hass auf den Alltag
hat ihn so zu dem geformt,
der er heute ist
Konformität ablehnend
spielt er noch den Rebellen
Die geheimnisvolle Dame von gegenüber
Blick auf Fassade
Pariser Straßenschluchten
Schmal und mysteriös
Gardinen sind nicht immer
vollständig zugezogen…
Denn schlechte Nachrichten sind die besten Nachrichten
Eigentlich wollen
Medien täglich Hunger,
Krieg und Verwüstung
Verzweiflung verkauft sich nun
mal einfach lukrativer
Die Kerzenscheinsilhouette
Sie flackert unstet,
wirft unruhiges Licht in Raum,
schwankende Schatten
Flamme dreht am Docht umher
Finsternis scheint zu tanzen
Ohne Mutter aufgewachsen
Jegliche Wärme
fehlt ihm von der Kindheit an
bis zu seinem Tod
Nie hat er begriffen, was
für eine Lücke bestand
Mit Taschenspielertricks zum Gewinn
Betrügereien
kleinerer Art macht er gern,
um zu gewinnen
Täuschung und Bauernopfer
hinterlassen eine Spur
Gefährlicher Pingel
Er sortiert Tücher,
richtet die Konserven aus,
zählt stets das Besteck
Sollte etwas nicht stimmen,
kann er in Wut zergehen
Zwei Hubschrauber greifen an
Der Urwald wird von
Feuerzungen gefressen:
Bombenexplosion!
Kugelhagel aus der Luft
zersiebt die letzten Blätter
Die vielen Pokale des Fluglehrers
Die alte Staffel
brachte ihm viele Preise
für Flugeinlagen
Er riskierte seinen Hals,
wurde dann ausgezeichnet
Ein roter Ferrari sucht das Wettrennen
An roter Ampel
heult der Motor so laut auf,
Ton fordert heraus
Hier entsteht der Wahnsinn, der
Menschenleben kosten wird
Five-Eyes – Das unschlagbare Geheimdienstbündnis
Zu fünft sieht man mehr,
kann viel speichern, auswerten,
analysieren
Digitale Antwort auf
anglo-amerikanisch
Aufwachsen unter Angst
Es ist dann zu spät,
wenn man Furcht verinnerlicht,
nichts anderes spürt
Sie wird Teil des Charakters,
der Verhaltens-DNA
Massenfolter
Das Fernseh-Niveau
kann nicht tiefer fallen, da
es schon unten ist
Des Menschen Geist wird traktiert
Sein Verstand hart gemartert
Wikingerstahl gegen Holzspeere
Die Schwert-Fertigung
aus dem hohen Norden ließ
Gegner erzittern
Schnelles Boot, scharfe Klinge
Unangreifbare Basis
Eine unruhige Nacht im Zelt
Steinerner Boden
und ein Gewitter rauben
den dringenden Schlaf
Es donnert, tropft ins Gesicht
Schall lässt zusammenzucken
Urkatastrophaler Zustand
Bildungsmisere
hat das ganze Land erfasst:
Schule bis Uni!
Alles malt und musiziert,
was in Mathe sonst verliert
Abgeschiedenheit im Zentralmassiv
Die Mitte Frankreichs
ist im Zentrum leer und karg,
keiner will dorthin
Ein Block an Bergen bedeckt
das ländliche Niemandsland
Die Freunde aus dem Norden
Lustiger Akzent
Herzerwärmende Freude
Loyal, verbindlich
Sie bringen ihre Liebe
bei allen Besuchen mit
Eine Ehefrau öffnet die Augen
Unwiderstehlich
Er hielt sich stets für perfekt
Schön, fit, erfolgreich
Die Ehe zeigte ihm klar,
dass gar nichts davon stimmte…
Unbenebelt
Bereits seit Tagen
hat er die Finger von den
Drogen gelassen
Klarer Blick auf die Dinge
Verstand wieder freigelegt
Der Säureanschlag
Ihr schönes Gesicht
sollte keinen anderen
Mann mehr anlächeln
Zerfressene Hautfetzen
hängen blutig herunter
Baseballspielen am Flugplatz
Vor ihrem Einsatz,
bevor das Flugzeug herfliegt,
spielen sie nochmal
Es lässt sie allen Kummer
für den Moment vergessen
Endlich wieder Eis und Schnee!
So viele Winter
sind ohne Schnee vergangen
in milder Wärme
Des Naturreichs Eiseskleid
Welch kalte Offenbarung!
Mit vereinten Kräften
Was einer allein
nicht zu vollbringen vermag,
schafft man gemeinsam
Die Bündelung der Stärke
macht den Fokus des Erfolgs
Ein schwarzer Schatten formt sich
Zunächst unbemerkt
Im Stillen groß entstanden,
herangewachsen
Bitter schlagen sie zurück,
viel zu lange unterdrückt
Ulfars fehlendes Auge
Im Kampf eingebüßt
Ein Muss unter Wikingern
So furchteinflößend
Narbe zieht sich durchs Antlitz
wie regelrechte Furche
Ein Abgang unter Bomben
Mächtigster Dealer
Der König des Kokains
Waffen und Dollar
Es war im Vorhinein klar
Er lässt sich nicht festnehmen
Die Schwadron kommt näher
Zügiger Galopp
Auf Pferden angeritten
Welch Eile hier herrscht
Unsichtbar unter dem Heu
sieht man sie vorüberziehn
Crash zweier Himmelsstürmer
Das Undenkbare
möglich zu machen, war stets
ihr Traum gewesen
Wer immer höher schreitet,
wird irgendwann tief fallen
Der gläubige Kommissar
Er sieht die Toten,
Morde, Vergewaltigung,
Hinterbliebene
Stütze, Halt und Zuflucht sind
nur im Glauben zu finden
Die Abholung des Aston Martin
Dies Auto soll sein
Lebenshöhepunkt werden,
Sinn der Existenz
Sein Selbstvertrauen fußt auf
Karosserie und Räder
Ein Vogel stampft durch den Urwald
Wenn seine Flügel
lahmen, sich nicht ausbreiten,
verendet er bald
Leichte Beute für alle
Letzte Schritte im Dickicht
Ein Schatz im Müllberg
Zwischen den ganzen
ausrangierten Dingen steht
etwas Wertvolles
Es sticht aus der Masse des
stinkigen Unrats hervor
Aussicht aus dem ersten Stock
Man sieht die Fenster,
den breiten, braunen Baumstamm,
Mülltonnen am Zaun
So trist schweift der Blick umher,
wendet sich ständig im Kreis
Der Nimbus des Unbesiegten
Wenn Sol invictus
über die Truppen breitet
die schützende Hand,
ist der Sieg Roms nicht mehr fern:
So der legendäre Ruf!
Das verschollene Alphabet
Aus der fernen Zeit
als Laute noch andere
Buchstaben formten
Welch unbekanntes System
Verdrängt, untergegangen
Der Ritt nach Heilbronn
Noch schwankt der Boden
Es schmerzen stark die Beine
So durchgeschüttelt
Fehlt Zeit an jedem Ende
heißt es quer durchs Gelände
Aus großer Höhe in dunkle Tiefen
Es ist Bestimmung
nach einem schönen Zenit
nur noch zu fallen
Höchstes Himmelsgewölbe
zieht die Täler magisch an
Ein Bouquet der besten Katastrophen
Dieses eine Jahr
hat alle Tragödien
höllisch abgespult
Nichts wurde ausgelassen
Kein bisschen blieb mir erspart
Ein Mann hört auf keinen guten Ratschlag
So als würde er
mit aller Macht sein Unglück
erzwingen wollen
Mit Anlauf gegen die Wand
Und das jedes Mal von vorn
Das Tōhoku-Erdbeben
Wenn erst der Boden
das Meereswasser anhebt,
bebt und flutet es
Kräfte werden freigesetzt,
die Menschen nicht beherrschen
Ein Gewitter zieht auf
Man riecht es deutlich
Der Regen liegt in der Luft
Winde wehen stark
Verdeckt wird der Sonnenschein
Laut übertönt die Ruhe
Eine OP richtet die Nase
Von glatter Gestalt
und in feiner Maßeinheit
eben gehalten
Das Ideal verpflichtet
zur großen Verkleinerung
Die Restaurant-Schwemme
Neueröffnungen:
Selbst Pilze aus dem Boden
wachsen so schnell nicht
Jedes zweite Geschäft wird
nun als Lokal gegründet
Das Pferd kann sprechen
Es versteht Befehl,
richtet sich nach den Worten,
tut wie geheißen
Es wiehert mal als Antwort,
probiert die Konversation
Die ausgehängten Papier-Zielscheiben-Trophäen
Wer den besten Schuss
auf der Anlage abgibt,
wird dann verewigt
Zerschossene Zielscheibe
hängt wie Gemälde an Wand
Wahlgespräch mit dem Bürgermeister
Meinungslos lächeln
Unangreifbares schwatzen
Heucheln und lügen
Im Grunde könnte auch ein
Roboter zur Wahl stehen
Ein Inspektor hinkt hinterher
Mehrere Schritte
ist der Täter ihm voraus,
narrt und verhöhnt ihn
Wer immer nur nachläuft, wird
das Rennen nicht gewinnen
Die Alternative heißt Auswandern
Sich täglich ärgern,
die Politik ablehnen,
nur Steuern zahlen
Warum nicht dorthin gehen,
wo Leistung und Last stimmen?
Teurer Privatunterricht
Wenn das Schulsystem
komplett versagt und scheitert,
entscheidet über
Bildung nur das Portemonnaie
und keine Gerechtigkeit
Einer tritt aufs Gas
Alles war ihm viel
zu langsam ausgestaltet:
Verkehr, Sport, Beruf
Er wollte immer nur die
anderen überholen
Der reservierte Empfang
So überschwänglich
wie frühere Besuche
war es diesmal nicht
Sie blieb höflich und freundlich
doch stets zurückhaltender
Blutdiamanten führen zu Anarchisten
Spur kleiner Steine
führt zu der Finanzierung
von Wahnsinnigen
Erst der brutale Abbau
Dann die harte Ausnutzung
Mächtig, begabt und berühmt
Hat sehr reich geerbt,
sich den Studienplatz gekauft,
ins Programm geschafft
Letztendlich entscheidet die
Illusion über Schicksal
Ein Aufpasser ohne Aufmerksamkeit
Er verfehlt den Zweck
seiner Tätigkeit komplett
und scheitert rundweg
Trotzdem hält er sich Jahre,
schläft und verweigert Arbeit
Aus dem Homeoffice
Aus engen Wänden
entflohen in Büroraum
für mehr Platz am Tisch
Die Decke auf dem Kopf ist
schlimmer als Chef im Nacken
Fußtritt hinein
Schlüssel vergessen
Der Türdienst zu weit entfernt
Bleibt nur noch eines
Rohe Gewalt hilft weiter,
wenn anderes versagt ist
Bostoner Verdrängungskämpfe
Straßenzug gegen
ein ganzes Viertel im Clinch:
Revier in Aufruhr!
Es wird enden mit Toten
Neu beginnen mit Rache
Olivengarten am Morgen
Knorrige Bäume
So stämmige Gewächse
Erstes Licht weckt auf
Ein Vogel schaut herunter
und will den Tag begrüßen
Champagner für Sieger
Ausbruch des Hochmuts
Empor mit allen Gläsern
Toast auf den Ersten
Nun wird begossen, was sich
so hart diszipliniert hat
Die Festnahme eines Schulleiters
Im Dorf kennt man ihn
als den zuverlässigen,
brillanten Macher
Von seiner dunklen Seite
hat keiner etwas geahnt
Schlafgemach der Superlative
Bett ohne Grenzen
Spiegel reicht bis zum Himmel
Riesige Schränke
Man droht sich zu verlaufen,
kann immerhin leicht ruhen
Die Entführung der undankbaren Gattin
Nun erscheint es so,
als sei er der Bösewicht,
der dahinter steckt
Wer weiß, vielleicht ist sie es,
die alles inszeniert hat?
Den Gang einlegen
Mit Automatik
ist alte Schaltung plötzlich
so überflüssig
Technik wandelt sich rasant,
schneller als man fahren kann
Die Okkupation des Wohnzimmers
Was angekündigt
wurde als Stippvisite,
entpuppt sich nun mehr
als Sofa-Beschlagnahmung:
Horror-Daueraufenthalt!
Lesen unter der Decke
Heimlich liest es sich
am besten ganz abgetaucht
im sicheren Bett
Versunken in Erzählung
verschiebt man das Einschlafen
Andacht in einer gemütlichen Hütte
Hier ist kein Empfang
Ohne Arbeitskollegen
Kein Laptop dabei
Schon lange war mein Leben
nicht mehr so friedlich leise
Pfadfinder-auf-Exkursions-Miene
Ausflug des Jahres
So entgegengefiebert
Sie strahlt im Gesicht
Aus armer Familie
Für sie bedeutet es viel
Pfad für Einsame
Der Weg am Rande
des Steinstrandes im Abseits
führt nirgendwo hin
Allein wandelt man im Nichts
Entfernt sich immer weiter
Die Kendō-Schwertkunst
Mit dem Wimpernschlag
wird das Schwert rasend gezückt
für den ersten Schnitt
Zwar sind es nur Holzklingen,
mutet an wie Todeskampf
Des Freundes letzter Gruß
Er winkt noch einmal,
hebt die Hand zum Abschied kurz
und dreht sich dann um
Dieses Bild habe ich im
Kopf, wenn ich an ihn denke
Argusaugen sehen am meisten
Wer permanent scharf
beobachtet und alles
gut im Blick behält,
der sieht es kommen und weiß,
dass er doch nichts ändern kann
Großvaters Geist
Die Lebensleistung,
die Firma und der Reichtum,
Status und Wohlstand
All das beruhte auf der
Disziplin eines Mannes
Eine gigantische Ernteschufterei
Die Sensen schwingen
in länglichen Halbkreisen
über die Felder
Heuballen versammeln sich
auf kleinen gelben Bergen
Die Mörderin des eigenen Vaters
Abwesend sitzt sie
auf der Anklagebank und
lacht manchmal leise
Als ihre Kindheit Thema
wird, stehen Münder offen…
Die Alpen: Ein göttlicher Schöpfungsakt
Himmel auf Berge
Paradies in den Tälern
Schnee auf den Spitzen
Bergseen glitzern türkis
Gottes Werk in Perfektion
Panzer versus Panzerzug
Schiene statt Kette
Gut gepanzert sind beide
Schnell nur der eine
Dafür kann der andere
frei im Gelände fahren
Manche lässt man nicht warten
Böser Blick zur Uhr
Er hat sie doch nicht versetzt?
Bitter stampft sie auf
Nach kurzem Augenblick hat
sie ihren Stuhl verlassen
Sprung in den Bosporus
Wie ein kurzer Fluss
zwischen den Kontinenten,
Meeresverbindung
Als würde er mit Wasser
trennen und auch verbinden
Ein Arm aus dem Fass
So abgeschottet
konnten sie Ermordete
im Fass entsorgen
Enthüllung löste keinen
Aufschrei mehr im Lande aus
Ende
© 2023 Stefan Bachmann https://www.japanische-gedichte.de